Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 01-Protokoll-29-01-2020.pdf
- S.46
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damit sein Existenzrecht abgesprochen,
handelt es sich sehr wahrscheinlich um antisemitische, antijudaistische oder antizionistische Angriffe.
Hier muss ich auf die Diskussion eingehen,
die sich im Vorfeld dieser Sitzung des Gemeinderates rund um diesen Antrag gebildet hat. Sie hat mich sehr verärgert, denn
es wurden falsche Informationen verbreitet,
worum es in diesem Antrag geht. Wir haben
ein hohes Anliegen, dass wir die jüdische
Gemeinde in Innsbruck, Tirol und Vorarlberg unterstützen und jede Form von Antisemitismus verurteilen.
Es geht hier nicht darum, berechtigte Kritik
an israelischer Politik nicht mehr äußern zu
dürfen. Sie muss eben nur gerecht formuliert werden, wie ich vorher schon beschrieben habe.
Wir sollen und müssen rassistische, nationalchauvinistische, religiös extreme und extrem konservative Aktivitäten in allen Kontexten kritisieren und dagegen anstehen,
um friedliche und nachhaltige Lösungen
herbeiführen zu können.
In diesem Zusammenhang sollte daher
auch meine Haltung zur Politik des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu oder
zur Israelpolitik des amerikanischen Präsidenten Trump klar sein. Dass uns eine Unterstützung genau dieser Politik vorgeworfen wird - womit das hohe Anliegen dieses
Antrags in Mitleidenschaft gezogen wird - ist
für mich, gerade im Kontext des internationalen Holocaust-Gedenktages, einfach nur ich muss es so sagen - niederträchtig.
Die Stadt Innsbruck hat insofern also nicht
nur eine historische Verantwortung, sondern
muss sich auch den aktuellen Tendenzen in
Bezug auf antisemitische, antijudaistische
und antizionistische Aktivitäten entschieden
entgegenstellen.
Dazu zählt, sich bewusst gegen jene Organisationen auszusprechen, die sich hinter
dieser vermeintlichen Israelkritik verbergen
und antisemitische Ressentiments schüren,
gegen die in Israel lebenden Menschen vorgehen und dabei allzu oft das Existenzrecht
Israels in Frage stellen. Wobei hier nicht
vergessen werden darf, dass die Gründung
Israels als Staat direkt mit der Shoa, mit der
industriellen Vernichtung von 6 Mio. Leben,
zusammenhängt.
GR-Sitzung 29.01.2020
Zu solchen Organisationen gehören z. B.
solche wie die BDS-Bewegung, die ihren
Antisemitismus hinter einem Antizionismus
versteckt, wobei ich hier auch auf die Resolution der französischen Nationalversammlung hinweisen möchte, die Antizionismus
und Antisemitismus in ihrer Behandlung der
Thematik gleichstellt.
Dazu gehören auch diverse Innsbrucker
Burschenschaften, wie etwa die Suevia, die
immer noch dem Mörder des in der Reichspogromnacht getöteten damaligen Vorstand
der israelitischen Kultusgemeinde, Richard
Berger, gedenken oder die Sängerschaft
Skalden, die NS- und SS-Leuten gedenkt
und erst vor kurzem den Holocaust relativierend und Holocaust leugnenden Vortragenden ao. Univ.-Prof. Dr. Höbelt eingeladen
hat. (Unruhe im Saal)
Ich glaube, wir alle haben die aktuelle Debatte in Wien mitverfolgt.
(GR Kurz: Genau deshalb stellst Du diese
Anträge - um Deine Gesinnung durchzubringen!)
Es gehören aber auch etwaige politische
Parteien oder Organisationen des politischen Islams dazu.
Den Städten Wien und Graz folgend muss
sich die Stadt Innsbruck klar gegen diese
Form des Antisemitismus aussprechen und
in der Folge auch Maßnahmen ergreifen,
um antisemitischen Ressentiments mittels
Aufklärung und Sensibilisierung den Boden
zu entziehen.
Mit dem heutigen Antrag kommen wir genau
dem nach und schieben antisemitischen,
antijudaistischen und antizionistischen Organisationen einen Riegel in städtischen
Räumlichkeiten vor, setzen uns für die immerwährende Erinnerung an die Gräuel der
NS-Zeit ein und verurteilen generell jede
Form von Antisemitismus, Antijudaismus
und Antizionismus.
Ich möchte mich bei allen Fraktionen bzw.
Personen bedanken, die diesen Antrag
heute unterstützen. Es ist eine wichtige Angelegenheit, dass wir uns unserer historischen und gegenwärtigen Verantwortung
immer wieder bewusst werden, wie es der
deutsche Bundespräsident Steinmeier vor
kurzem in einer Rede in Yad Vashem (Polen) treffend formulierte: