Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2018

/ Ausgabe: 02-Protokoll-22.02.2018.pdf

- S.21

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- 59 -

Krieges zu verwalten und zu beseitigen,
etwa die Hyperinflation, welche die Stadt an
den Rand des finanziellen Abgrunds trieb.
Die neue Staatsform Republik erforderte in
praktisch allen Bereichen des Lebens ein
radikales Umdenken, so auch in der Verwaltung. Es blieben die schon bisher bestehenden Aufgaben erhalten, neue kamen hinzu.
Jahrelang mühte sich die Stadt, die Ernährung der Bevölkerung zu sichern: So entstanden zwei länger wirkende Dienststellen,
besser Betriebe, aus der Not. Die Stadt
übernahm das bisher verpachtete Landgut
Reichenau in die eigene Verwaltung, hielt
dort Milchkühe und ließ Gemüse anbauen.
1926 eröffnete als städtischer Betrieb der
Milchhof.
Zugleich wies eine Fülle von Bundesgesetzen den Gemeinden und Bezirksverwaltungen neue Kompetenzen zu. Zwei Beispiele
seien genannt: Mit der Einführung der Arbeitslosenversicherung leitete die Stadt bis
1930/31 ein Arbeitsamt in eigener Verwaltung. Ein Wohnungsamt versuchte das
knappe Gut Wohnen zu verwalten. Andere
Kompetenzen konnte die Stadt an das Land
abgeben, etwa das Krankenhaus oder die
Kosten für die Lehrpersonen. Von privaten
Vereinen, die in der Inflationszeit zugrunde
gingen, übernahm die Stadt gewisse Agenden. So führte sie die meisten Kindergärten
als städtische weiter.
Das neue im Jahr 1921 verabschiedete
Stadtrecht führte als Gremium zwischen
dem Bürgermeister und dem Gemeinderat
den Stadtrat ein. In der Gemeindepolitik
prallten die Ansichten darüber, was ein Gemeinwesen zu leisten hatte, aufeinander.
Als Gegenpole agierten auf der einen Seite
die Liberalen, die unverdrossen auf Hilfe zur
Selbsthilfe setzten, auf eine knappe Verwaltung und die Förderung der Privatwirtschaft,
auf der anderen Seite wollte die Sozialdemokratische Partei wegen der sozialen
Schieflage Ärmere gefördert wissen.
Als die Weltwirtschaftskrise Österreich erreichte, rettete der Staat die Großbanken
und setzte auf Druck internationaler Geldgeber einschneidende Sparprogramme um.
Lohnkürzungen und Personalabbau folgten.
Die drückenden Schulden der Stadt erzwangen Einschnitte in die Verwaltung. Die Stadt
baute massiv Personal ab, teils auf Druck

GR-Sitzung 22.02.2018

des Rechnungshofes, teils auf Druck der
Privatwirtschaft.
Ab Anfang der 1930er Jahre setzten Bund,
Land und Gemeinden auf eine Privatisierung der Sozialpolitik. Der Bund kürzte die
Arbeitslosengelder und setzte auf private
Wohltätigkeit. Jeden Herbst und Winter
sammelten öffentliche Stellen unter dem
Namen Winterhilfe Spenden von der Wirtschaft, ihren eigenen Angestellten und Privaten ein, um Lebensmittelpakete und Heizmaterial an die Ärmsten zu verteilen und
Subventionen an private Wärmestuben zu
geben. Die Winterhilfsaktionen bewahrten
an die 16 % der Bevölkerung vor dem Verhungern.
Die Wirtschaftskrise und das glücklose
Agieren der österreichischen Regierungen
verschärften die politische Krise. Radikale
nationalsozialistische Populisten gewannen
an Zulauf. 1932/33 gelangen ihnen spektakuläre Erfolge bei Gemeinderatswahlen,
auch in Innsbruck. Nach Terroranschlägen
verbot die Regierung im Juni 1933 die
NSDAP und ihre Organisationen, im Feber 1934 verbot sie die Sozialdemokratischen Organisationen, im Juli 1934 scheiterte ein Putsch der Nationalsozialisten
(NS).
Der Stadt Innsbruck entstanden enorme
Kosten: Freiwillige Sicherheitskräfte waren
zu versorgen und zu bezahlen, die Einnahmen sackten ab, die Politik drang auch in
die Verwaltung vor. Eine Säuberungswelle
setzte ein, dezidiert sozialdemokratische
und nationalsozialistische Beamte oder Angestellte wurden entlassen. Ab sofort war
bei Stellenbewerbungen ein politisches Gutachten der Einheitspartei Vaterländische
Front vorzulegen.
3. Austrofaschismus, Ständestaat
Im Mai 1934 verabschiedete die Bundesregierung die neue, nach dem Führerprinzip
autoritär ausgerichtete Verfassung unter
Ausschaltung demokratischer Mitbestimmung. Funktionäre wurden nicht mehr gewählt, sondern bestellt, alle Parteien waren
verboten, die Vaterländische Front als einzig zulässige Partei erlaubt.
Der bisher gewählte Bürgermeister Franz
Fischer leitete als Regierungskommissär
zusammen mit höheren Verwaltungsbeam-