Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2007
/ Ausgabe: 2007_06-Juni.pdf
- S.81
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- 501 -
den Jugendlichen und der nachfolgenden
Generation stärken, wenn wir sagen, dass
wir euch ernst nehmen. Ernst nehmen
heißt nicht immer bei den Defiziten
anzusetzen, sondern auch bei ihren
Fähigkeiten und Stärken. Das geht immer
unter.
Sie müssen sich nur durchlesen, was in
letzter Zeit über Jugendliche in der
Öffentlichkeit kolportiert und diskutiert
wird. Es geht immer nur um Defizite, was
sie alles schlecht und falsch machen. Das
wird den Jugendlichen vorgehalten und
dann wird auch noch mit überschießenden
Reaktionen darauf reagiert. Das schadet
unserem Ruf bei der künftigen Generation
in der Stadt Innsbruck. Das sind für mich
die wichtigen Adressaten von gutem Ruf.
Nicht der eine Tourist oder die andere
Touristin, der bzw. die vielleicht noch mehr
kommt und nur einen halben oder zwei
Tage in der Stadt Innsbruck bleibt.
Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger, natürlich
gehört auch das Grenzen setzen dazu,
aber den guten Ruf bewahren wir uns,
indem wir nicht pauschaliert Grenzen
setzen, sondern indem wir individuell
Grenzen setzen. Wenn man fünf pubertierende Kinder hat, schreien diese förmlich
nach Grenzen und daher kann man nicht
über alle fünf mit einem Kamm darüber
fahren und eine Pauschalgrenze setzen.
Man wird bei jedem Einzelnen eine
individuelle Grenze setzen müssen, damit
sozusagen einerseits das Reiben möglich
ist, denn das ist etwas ganz wichtiges in
der Entwicklung. Ich weiß das auch noch
von uns, denn wir sind nicht schon seit
hundert Jahren so wie wir jetzt sind. Es
gab dazwischen auch eine Entwicklung
und eine Pubertät, vielleicht mit Alkoholproblemen oder anderen Problemen oder
auch nicht.
Ich finde es nicht richtig, zu sagen, dass
die Jugendlichen Party feiern und "saufen"
können, wenn es uns passt. Ich war
wieder schockiert, als ich gehört habe,
dass bei der Bergsonnwendfeier das Bier
€ 2,80 und der Eistee € 3,-- gekostet hat.
Hier beginnt es eigentlich. Das sind
unsere öffentlichen Auftritte, wo wir die
Leute zum Party feiern einladen. Hier kann
man doch mit gutem Beispiel vorangehen
und nicht sofort mit der Keule das alles
verbieten.
GR-Sitzung 28.6.2007
GR Federspiel wird in maßloses Gelächter
ausbrechen, aber es gibt die Erfahrung,
dass Prohibition eigentlich nie das bewirkt,
was man will, sondern das Gegenteil,
nämlich mit einem Rattenschwanz im
Bereich der illegalisierten Drogen ist das
mit Kleinkriminalität und allen möglichen
Vorboten verbunden und beim Alkohol ist
es auch nicht viel anders.
Wenn jemand von einem Lokal, wo er
weiterhin trinken darf, nach Hause geht,
besteht auch die Gefahr, dass er bei einer
Haustüre "hinspeibt". Das wird man nicht
ändern können. Ich könnte mir ganz
andere Dinge vorstellen. Ich haben zur
Zeit ein großes Loch in der Suchtpolitik.
Wir hatten unter Landesrat Dr. Walter
Hengl ein vorbildliches Drogen- und
Suchtkonzept für das Land Tirol mit ganz,
ganz vielen Maßnahmen. Nur, das
Suchtverhalten verändert sich. Das
Suchtverhalten verändert sich im Bereich
des Alkohols und auch im Bereich der
illegalisierten Drogen. Darauf hat die
Landespolitik bis jetzt keine Antwort
gefunden.
Wir arbeiten noch mit den Rezepten von
vor zehn oder 15 Jahren und haben die
Rezepte für die heutigen Notwendigkeiten
noch nicht gefunden. Ich würde einmal
den Vorschlag machen, dass man in der
Maria-Theresien-Straße als Stadt an den
lauen Sommerabenden präsent ist. Anstatt
den Leuten die Sitzmöbel unter dem
"Hintern" wegzuziehen, kann man dort ein
paar Stände aufstellen, wo es einen
Fruchtsaft gratis gibt, der den Alkohol
verdünnt oder sogar eine Alternative zum
Alkohol ist. Dort erreicht man die Jugendlichen. Dort können wir sie ansprechen und
dort kann man individuelle Grenzen
setzen. Man sollte aber nicht immer mit
den pauschalen Grenzen agieren. In so
einer Stadt möchte ich nicht leben, das ist
nicht meine Definition von einer Stadt.
GR Grünbacher: Ich werde mich ganz
kurz halten, denn es geht mir um zwei
Sachen. Wenn man sich die wirklich
tragischen Todesfälle ansieht, woher diese
kommen, dann waren das großteils private
Geburtstagsfeste zu Hause oder Zeltfeste.
Ich kenne keinen Fall aus den Medien, wo
sich Jugendliche im öffentlichen Raum
besoffen haben und dann irgendetwas
Tragisches passiert ist.