Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2021
/ Ausgabe: 2021-11-17-GR-Protokoll.pdf
- S.18
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Jedes dritte Kind zwischen sieben und siebzehn Jahren zeigt psychische Auffälligkeiten. Dieselbe Studie definiert auch, dass besonders Kinder aus Familien mit niedrigem
Einkommen und beengten Wohnverhältnissen noch stärker betroffen sind. Die JugendforscherInnen der Universität Hildesheim belegen das gleiche Ergebnis, heben
aber das Verantwortungsbewusstsein von
Kindern und Jugendlichen besonders hervor. Die Studie sagt aus, dass Kinder und
Jugendliche viel mehr Angst davor haben,
andere anzustecken als sich selbst.
Diese Solidarität, die Jugendliche während
der Pandemie der älteren Generation gegenübergebracht hat, und es noch immer
tut, müssen wir nun auch gegenüber den
Jüngeren einbringen. (Beifall)
Die COVID-19-Pandemie hat in vielen Bereichen nicht nur neue Problemfelder geschaffen, sondern auch bereits vorhandene
Defizite unter ein Vergrößerungsglas gestellt. Es gab bereits vorher einen Mangel
an Therapieplätzen und die Schulsozialarbeit war nicht gut genug ausgebaut. Ein
weiterer Fakt ist, dass viel mehr Jugendliche nun dazu neigen, psychische Auffälligkeiten aufzuweisen. Vor der Pandemie gab
es Kompensationsfaktoren, die solche Probleme abgefangen haben.
Kinder und Jugendliche konnten sich mit ihren FreundInnen in der Schule austauschen, Freizeitaktivitäten nachgehen, Partys
feiern und auf Klassenfahrten gehen. Diese
Möglichkeiten sind nun weggefallen. Gerade in dieser frühen Lebensphase ist es
extrem wichtig, den sozialen Austausch zu
haben! In dieser Zeit bildet sich die eigene
Identität und die Persönlichkeitsentwicklung
ist enorm sensibel.
Was erschwerend hinzukommt, ist, dass
psychische Belastungen immer noch ein
Tabuthema sind. Man geht nicht damit hausieren, wenn man selbst eine Therapie
braucht, oder sollte das eigene Kind in Behandlung sein.
In der Gesellschaft ist mittlerweile angekommen, dass der Körper gebrechlich ist und
man Kuren benötigt, aber die psychische
Gesundheit ist leider noch immer ein
Tabuthema. Der Fakt, dass die Kinder- und
Jugendpsychologie erst im Jahr 2006 zu
einem eigenen Fach wurde, belegt meine
Aussage noch einmal.
GR-Sitzung 17.11.2021
Natürlich gab es bereits vor der Pandemie
solche Krisen. Die Defizite, die es jahrzehntelang gegeben hat, gilt es nun aufzuarbeiten und auch der Problemverstärkung während der Pandemie entgegenzuwirken! Auf
Bundesebene wurde dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und
Konsumentenschutz nochmals € 13 Mio.
zusätzlich zur Verfügung gestellt, damit man
psychische Beeinträchtigungen bei Kindern
und Jugendlichen bekämpfen kann.
Es wurden 20.000 zusätzliche Therapieplätze mit dem langfristigen Ziel geschaffen,
dass es Therapien auf Krankenschein geben sollte. Auf der anderen Seite besteht
das Problem, dass es zu wenig TherapeutInnen gibt, um alle Felder abzudecken. Gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
fehlt es an Personal und besonders an
mehrsprachigen TherapeutInnen. Das Problem muss auch angegangen werden, doch
es handelt sich um ein jahrzehntealtes Defizit.
Auf Landesebene wurden die sozialpädagogischen und sozialtherapeutischen Wohngemeinschaften aufgestockt. Betreuungsplätze für suchterkrankte Jugendliche wurden ausgebaut und auch die Schulsozialarbeit konnte in Angriff genommen werden.
Auch auf Stadtebene haben wir uns diesen
Herausforderungen gestellt.
Natürlich sind wir gegen finanzielle Kürzungen in den Bereichen Bildung, Kultur und
Soziales! Weiters wurde die Jugend-TaskForce anvisiert, die darauf achten soll, welche Synergien sich zwischen privaten und
städtischen Jugendeinrichtungen ergeben
können. Es wurde in Schulgebäude investiert! Mit dem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen wurde begonnen und trotzdem
müssen wir mehr in die Prävention investieren.
Wir müssen den Kindern und Jugendlichen
signalisieren, dass wir sie hören! Räume, in
denen sie sich entwickeln und mit FreundInnen austauschen können, müssen geschaffen werden! Wenn wir ihnen die Zukunftsangst nehmen wollen, müssen wir ihnen
den Raum geben, diese Zukunft mitzugestalten. (Beifall)
Die Kinder und Jugendlichen müssen in Zukunft jene Herausforderungen bewältigen,
die wir ihnen leider hinterlassen. Jugendliche wollen mitgestalten! Sie wollen gehört