Gemeinderatsprotokolle seit 2002
Jahr: 2020
/ Ausgabe: 2020-06-25-GR-Protokoll_kl.pdf
- S.24
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DI Baltes herzlich. Er wird uns nun die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen
Einführung aufzeigen.
DI Baltes: Ich bedanke mich für die Einladung und die Gelegenheit, kurz darzustellen, wie sich das Thema Null-Tarif für den
öffentlichen Nahverkehr in der Stadt Innsbruck auswirken würde.
Ich betone ausdrücklich in der Stadt Innsbruck, denn wir haben keine Betrachtung für
den regionalen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angestellt. Hier gibt es ja
mittlerweile intensive Verflechtungen, auf
die ich später noch kurz eingehen möchte.
Zuerst will ich aber auf die aktuelle ModalSplit-Situation eingehen. (Siehe beiliegende
Präsentation)
Modal Split bezeichnet die Anteile, die die
verschiedenen VerkehrsträgerInnen in der
Abwicklung des Personenverkehrs in der
Stadt haben. Wir führen diese Befragung
jährlich durch, in Anlehnung an das, was die
KollegInnen in Wien und Linz in der Vergangenheit auch schon immer gemacht haben.
Die Methode ist halbwegs genau und bildet
ganz gut ab, wie sich die Innsbrucker
Wohnbevölkerung innerhalb der Stadt Innsbruck fortbewegt.
Es sind nicht die Fahrten der TouristInnen
inkludiert und auch nicht jene - da komme
ich noch darauf - der Menschen, die aus
dem Umland nach Innsbruck kommen. Sie
sehen relativ stabile Verhältnisse, dazwischen leichte Schwankungen, aber für ungefähr 22 % an Fahrten im Stadtgebiet nutzen die InnsbruckerInnen die öffentlichen
Verkehrsmittel.
Auf der nächsten Folie sehen Sie die Entwicklung der Fahrgastzahlen. Hier liegt eine
ganz andere Dynamik vor. Sie sehen, dass
die Fahrgastzahlen in den letzten Jahren
fast explosionsartig nach oben gegangen
sind. Darunter finden sie die tariflichen Maßnahmen, die im Laufe der Zeit gesetzt wurden.
Zunächst war es die Tarifreform der Stadt
Innsbruck mit einer deutlichen Reduktion
der Preise für das Jahresticket mit gleichzeitiger Anhebung der Preise für Gelegenheitsfahrten. Dann kamen das SeniorInnen-Ticket und eine Neuordnung der SchülerInnen/Lehrlings-Freifahrt dazu. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, früher gab es
GR-Sitzung 25.06.2020
Streckentarife und SchülerInnen bzw. Lehrlinge mussten noch ein Ferienticket dazukaufen. Solche Geschichten gibt es schon
seit Jahren nicht mehr. Lehrlinge bzw.
SchülerInnen können in ganz Tirol um
€ 96,-- pro Jahr fahren. Das hat einen ordentlichen Anschub gegeben.
Nicht zu vergessen, ein wichtiger Knackpunkt in der Historie der Fahrgastentwicklung in der Stadt, war die Schaffung der
Durchlässigkeit der Tarife zwischen Verkehrsverbund Tirol (VVT) und Innsbrucker
Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH
(IVB). Das war ein Meilenstein.
Ab dem Moment konnten sich auch jene
aus dem Umland mit dem öffentlichen Verkehr innerhalb der Stadt fortbewegen, ohne
den sogenannten Kernzonenzuschlag zusätzlich zu bezahlen.
Sie kennen alle die Diskussion, die dazu im
Vorfeld gelaufen ist: Passen die Preise, sind
sie richtig orientiert, wird es überhaupt einen
Nachfrageschub verursachen? Es hat tatsächlich einen solchen Nachfrageschub verursacht, den wir hier auch sehen.
Das heißt, die Steigerungsraten in der
Nachfrage im städtischen ÖPNV in den letzten Jahren gehen insbesondere darauf zurück, dass durchlässige Tarife geschaffen
wurden und dass Menschen aus dem Umland auf einmal auch den Stadtverkehr wie
selbstverständlich mitnutzen konnten. Das
führte auch zu einigen kuriosen Situationen.
Sie kennen das vielleicht: Morgens am
Hauptbahnhof, wenn vor Schulbeginn die
Züge reinrauschen, ist viel los, da gehen
viele SchülerInnen über den Zebrastreifen.
In der Vergangenheit sind viele von ihnen
dann weiter zu ihrer Schule gegangen. Was
wir beobachten - und was auch menschlich
ist -, sobald der erste Regentropfen fällt machen sie das natürlich nicht mehr. Sie steigen in Bus und Bahn der IVB ein und fahren
dann zu ihren Schulstandorten, auch für
Strecken, die man leicht zu Fuß gehen
könnte. Das ist ein Nebeneffekt, der damals
abgegolten wurde, nicht nur tariflich, sondern auch von der Leistung her.
Stadt und Land hatten sich damals darauf
verständigt, das Angebot in der Stadt Innsbruck um rund € 2,8 Mio. auszubauen.
€ 1,4 Mio. davon hat das Land Tirol getragen.