Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2015

/ Ausgabe: 03-Protokoll_19.03.2015_gsw.pdf

- S.35

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- 151 -

Das Zweite, was an dieser gesetzlichen
Grundlage zahnlos ist - niemand mag es
sich antun, eine Anzeige zu machen. Bei
den Erhebungen schaut man immer darauf,
wie viele Anzeigen eingebracht worden
sind. Klarerweise kommt dann eine Zahl
heraus, bei der man sagen kann, dass sie ja
eh klein ist. Ich glaube aber, dass drei Viertel derjenigen, die von aggressivem Betteln
betroffen waren, keine Anzeige erstattet haben. Zuerst muss man da nämlich die Polizei rufen und warten, bis sie eintrifft. Dann
sollte man die BettlerIn identifizieren. Anschließend wird eine Niederschrift in der
Wachstube gefordert. Ich glaube nicht, dass
sich das viele antun!
Für uns ist diese heutige Verordnung ein
erster Schritt. Wir haben nichts gegen die
einzelne BettlerIn. Es ist uns durchaus bewusst, dass dahinter persönliche Schicksale
stehen. Allerdings können wir in der Stadt
Innsbruck gewisse Probleme nicht lösen.
Ich gehe davon aus, dass mit dieser Regelung alle zufriedengestellt werden können.
Daher werden wir diesem Antrag unsere
Zustimmung erteilen.
GRin Mag.a Heis: Ich möchte nun wieder
zum eigentlichen Thema zurückkommen.
Es steht ja nicht das Betteln an sich, sondern der Entwurf dieser Verordnung auf der
Tagesordnung.
Daher möchte ich auf den konkreten Verordnungstext näher eingehen. Es ist darin
nämlich immer wieder von einem Missstand
die Rede. Für mich ist allerdings der Verordnungstext selbst der Missstand.
In der Unterlage wird zunächst die Rechtslage erklärt. Wenn man sich das durchliest,
dann braucht man eigentlich über die Verordnung gar nicht mehr nachzudenken. Es
steht da nämlich schon klar drin, dass es
verfassungswidrig ist, stille BettlerInnen ohne sachliche Rechtfertigung aus dem öffentlichen Raum auszuschließen, da das gegen
den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Weiters
hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH)
schon festgestellt,
"dass eine Störung der öffentlichen Ordnung
von der bloßen Anwesenheit einzelner
Menschen an öffentlichen Orten, die um finanzielle Unterstützung werben, ohne qualifizierte, etwa aufdringliche oder aggressive
Verhaltensweisen an den Tag zu legen,
GR-Sitzung 19.03.2015

nicht ausgehen kann - außer, wenn die Anzahl der BettlerInnen die Benützung des öffentlichen Ortes derart erschwert, dass ein
Missstand vorliegt."
Nach diesem Absatz ist für mich klar, dass
man gar nicht weiterzulesen braucht. In der
Stadt Innsbruck liegt sicherlich kein solcher
Missstand vor.
Es wird meines Erachtens versucht, einen
Missstand einfach herbeizureden. Die Zahl
der BettlerInnen wurde zwischen
13.12.2014 und 24.01.2015 erhoben.
Durchschnittlich wurden vierzehn BettlerInnen gezählt. Ich sage es noch einmal: Es
geht um eine durchschnittliche Zahl von
vierzehn Personen! Die Tiroler Landespolizei spricht sogar von noch weniger BettlerInnen, nämlich von durchschnittlich zehn
bis zwölf Personen.
Wir sollten also einmal aufrechnen, wie viele Stunden wir hier im Gemeinderat schon
darauf verwendet haben, über zehn bis
zwölf Personen zu sprechen. Würden wir
soviel Zeit für die Lösung jener sozialen
Probleme, die es tatsächlich gibt, investieren, wären wir schon viel weiter.
Es wurde heute schon das Ausmaß angesprochen, das das Bettelwesen in der Stadt
Innsbruck inzwischen angeblich angenommen hat. Frau Bürgermeisterin hat das erwähnt. In der Unterlage steht, dass in der
Weihnachtszeit die größte Zahl an stillen
BettlerInnen anzutreffen gewesen ist, davon
23,6 % in der Maria-Theresien-Straße. Zieht
man den Durchschnittswert von zwölf Personen heran, dann sprechen wir hier von
drei BettlerInnen, die sich während des
Christkindlmarktes aufgehalten haben. Damit ist also die öffentliche Sicherheit massiv
gefährdet?
Es ist weiter zu lesen, dass man sich in der
Zeit des Ostermarktes wieder einen so
massiven Anstieg erwartet und deshalb die
Verordnung auch gleich auf diesen Gelegenheitsmarkt ausdehnt. Wir verbieten das
Betteln also jetzt schon aufgrund von Erwartungen im Vorhinein?
(GR Mag. Krackl: Na ja, im Nachhinein ist
das Verbieten auch schwierig!)
Dann wird noch argumentiert, dass es ein
geringes Platzangebot gäbe und dass die
Benützung der betreffenden Straßen durch
die BettlerInnen derart erschwert worden