Gemeinderatsprotokolle seit 2002

Jahr: 2009

/ Ausgabe: 2009_11-Dezember.pdf

- S.65

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- 793 -

oder zumindest durch eine Informationstafel erklärt werden. Eine Diskussion
ähnlicher Art hatten wir im letzten Kulturausschuss bezüglich der Straßennamen,
bei denen entweder die Straßen umbenannt werden sollen oder sich die Stadt
Innsbruck mit Hilfe von Tafeln mit ihrer
Vergangenheit auseinandersetzen soll.
Die Innsbrucker Erinnerungskultur bedarf
dringend dieser Bereinigung und auch als
ein Gedenken an unsere ermordeten
jüdischen MitbürgerInnen in der Pogromnacht. Wir sind es den jüdischen Opfern
der Pogromnacht schuldig, ein Zeichen
gegen einen Mörder zu setzen, welcher
der Gerechtigkeit durch Flucht entkommen
ist.
Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger: Ich
habe grundsätzlich Verständnis für diesen
Antrag und wir haben bereits in früheren
Jahren im Gemeinderat über diesen
Gedenkstein der Burschenschaft Suevia
diskutiert. Ich erinnere mich an einen
Antrag, dass dieser Gedenkstein entfernt
bzw. der Name von Dr. Lausegger
herausgelöscht werden sollte. Es hat dafür
nie eine Mehrheit im Gemeinderat
gegeben.
Ich habe damals schon folgende Meinung
vertreten: Ich glaube, dass das Gedenken
an einen Toten - was immer er auch
angestellt haben mag - auf jedem Friedhof
möglich sein muss. Wenn ich sage, dass
jemand, welcher einen Mord begangen
hat, kein Gedenken auf einem Friedhof
erfahren darf, dann muss ich unter
Umständen bei jedem einzelnen Fall
überprüfen, ob die-/derjenige beerdigt
werden darf.
Ich glaube, wenn die Menschen einmal
verstorben sind, kann man nicht in dieser
Form den Friedhof zur Fläche für Auseinandersetzungen machen. Es ist für mich
völlig undenkbar, dass wir eine Tafel
anbringen, wo man dieses persönliche
Verbrechen anprangert. Es hat viele
Verbrechen und Morde in der NS-Zeit in
unserer Stadt gegeben. Wenn wir überall
eine Tafel anbringen, wer wann wen
ermordet hat, ist das eine Kultur, welche
ich nicht nachvollziehen kann.
Wenn man dieses Verbrechen in einer
geschichtlichen Aufbereitung darlegt, ist
das eine andere Geschichte. Aber auf
GR-Sitzung 10.12.2009

einem Friedhof anzuprangern, dass
jemand, welcher auf einem Gedenkstein
erwähnt ist, ein Mörder war, halte ich für
völlig undenkbar. Auch außerhalb des
Friedhofes würde ich so etwas nicht tun.
Wir haben eine Tafel beim damaligen
Standort der Gestapo angebracht,
allerdings wurden dort die Opfer und nicht
die Täter genannt. Ich finde es aber eine
Unkultur, dass man jetzt Tafeln im
Gedenken an die Täter anbringt und sie
an den Pranger stellt. Mit so etwas möchte
ich nichts zu tun haben.
GR Mag. Fritz: Ich achte die Position von
Bgm.-Stellv. Dipl.-Ing. Sprenger, aber ich
glaube, dass er einen Punkt übersieht. Es
geht nicht darum, einem Mörder einen
Grabstein bzw. ein Gedenken seiner
Familienangehörigen zu verwehren.
Dr. Lausegger steht auf einer Vereinsgedenktafel im Zusammenhang mit Begriffen
wie "Ehre", "Treue" und "Vaterland". Es
war keine Ehre, der Mörder eines jüdischen Mitbürgers zu sein - das ist der
Unterschied.
Wäre diese Gedenktafel der Burschenschaft Suevia, welche mit diesen Begriffen
eines SS-Mörders gedenkt, nicht am
Westfriedhof, wäre niemand auf die Idee
gekommen, dies durch eine weitere
Hinweistafel richtig zu stellen. Es besteht
einfach ein Unterschied. Das Gedenken
einer Familie auf einem Grabstein ist zu
100 % zu respektieren. Das Gedenken
eines Vereines, welcher einem solchen
Verbrecher auch noch nachsagt, Ehre zu
verdienen, weil er sich für sein Vaterland
eingesetzt hat, dulde ich nur sehr ungern
in der Stadt Innsbruck. Ich möchte es
zumindest durch eine Tafel, welche auf
diese Lüge hinweist, relativiert haben.
(Beifall)
GRin Marinell: Ich kann mich der Wortmeldung von GR Mag. Fritz anschließen.
Es ist ja schon eine politische Demonstration auf diesem Friedhof, wenn unter den
Begriffen "Ehre", "Treue" und "Vaterland"
dieser Name aufgezählt ist. Weiters ist es
absolut kein entehrendes Totengedenken,
weil Dr. Lausegger gar nicht am Westfriedhof, sondern irgendwo in Argentinien
begraben ist.
Wir haben heuer gemeinsam mit der
israelitischen Kultusgemeinde eine